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18.03.2021
"Ein hochinteressanter Fundplatz!"
Archäologen der Landesarchäologie am Rheinischen Landesmuseum graben in Teilbereichen des Nordbads nach Überresten einer bedeutenden Benediktinerabtei
Joachim Hupe, Leiter der Archäologischen Denkmalpflege (links), vermittelt SWT-Bereichsleiter Werner Bonertz (rechts) einen Einblick in die Grabungen
Im Trierer Nordbad fällt in dieser Saison der Badespaß aus. Wo sich sonst Tausende fröhlich tummeln, arbeiten nun Unternehmen an der Modernisierung des Bades. Und noch eine Gruppe arbeitet seit dem 1. März hier: Grabungsleiter Michael Reinert und sein Team vom Rheinischen Landesmuseum. Die Archäologen erhoffen sich neue Informationen über eine der größten Trierer Benediktinerabteien, in der zeitweise sogar der Trierer Erzbischof wohnte.
Dr. Joachim Hupe ist der Leiter der Archäologischen Denkmalpflege. Schon lange hat er auf die Gelegenheit gewartet, hier im Trierer Norden nach den Resten der im 6. Jahrhundert gegründeten Benediktinerabtei St. Marien graben zu können. Was man heute darüber weiß, geht auf Grabungen von Friedrich Kutzbach in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts zurück. Damals baute die Stadt an der Mosel das Strandbad, die Vorgängereinrichtung des heutigen Nordbades. Die Funde und Dokumentationen von Kutzbach sind trotz des Krieges noch weitgehend erhalten, sagt Hupe. Doch konnten die Forscher damals längst nicht die gesamte Fläche untersuchen.
Auf zwei Flächen wird drei Monate lang gegraben
Auch bei Minus-Temperaturen arbeiten die Archäologen. Hier legt Grabungsmitarbeiterin Theresa Fuchs vorsichtig Reste alten Mauerwerkes frei.
Das geht auch heute nicht. „Aus Kosten- und Zeitgründen“, sagt Joachim Hupe. Es werden lediglich die Flächen untersucht, in denen für die Sanierung des Nordbades Bodeneingriffe vorgenommen werden sollen. Entsprechend sind zwei Flächen betroffen: Auf der einen befand sich bis vor wenigen Wochen das Planschbecken. Vor 1400 Jahren befand sich hier ein Teilstück der südlichen Außenmauer der Klosterkirche. Die bislang noch völlig unerforschte Grabungsfläche misst 20 mal acht Meter. Hier arbeitet Michael Reinert mit seinem zweiköpfigen Team. Unterstützt von einem Baggerfahrer. „Vielleicht der wichtigste Mann“, schmunzelt Reinert. Denn wenn sich die Schaufel zwischen 1,30 und 1,60 Meter tief ins Erdreich gräbt, ist Vorsicht angesagt. Zu groß ist die Gefahr, dass verschüttete Reste beschädigt und damit endgültig verloren gehen. Die zweite, aktuell noch unberührte Fläche, ist ein Stück entfernt und mit einem Ausmaß von zehn mal fünf Metern ein gutes Stück kleiner.
Drei Monate haben die Archäologen für ihre Suche Zeit. „Das reicht aus, um neue Erkenntnisse gewinnen zu können und Dokumentationen der aufgedeckten Baustrukturen anzufertigen“, meint Hupe. Das bewegliche Fundmaterial, darunter vor allem Keramik, wird geborgen. Die Funde kommen dann ins Rheinische Landesmuseum oder aber können eventuell auch als Dauerleihgabe später im Nordbad besichtigt werden. Funde, deren Bergung den architektonischen Zusammenhang des einstigen Klosters zerstören würde, werden aus denkmalpflegerischen Gründen lediglich fotografiert, vermessen und kartographiert und bleiben im Boden. Dann sind am Ende alle Löcher wieder verfüllt. „Das schützt diese Zeugnisse und gibt kommenden Generationen die Möglichkeit, eigene Forschungen mit dann noch technisch verfeinerten Methoden anzustellen“, sagt Grabungsleiter Reinert.
"Es muss ein sehr reiches Kloster gewesen sein."
Bereits in den ersten Tagen der Grabungen trafen die Archäologen auf dieses starke Mauerwerk. Erkenntnisse über die Funktion erhoffen sich die Fachleute im Zuge der weiteren Arbeiten.
Die Benediktinerabtei St. Marien hat eine 1400-jährige Geschichte und wurde im 6. Jahrhundert auf den Resten eines spätrömischen Gutshofes erbaut. Wann genau, ist nicht bekannt. Doch weiß man: „Es muss ein sehr reiches Kloster gewesen sein.“ Denn alten Überlieferungen zufolge war es in der Zeit von Konstantin dem Großen bis zur Fertigstellung des Trierer Doms die Residenz der Trierer Bischöfe.
Ab dem 12. Jahrhundert trug das Kloster den Namen „St. Maria ad martyres“ (St. Maria zu den Märtyrern). Im Laufe ihrer Geschichte musste die Abtei zweimal nach Zerstörungen neu aufgebaut werden. Das endgültige Ende kam schließlich mit der von Kaiser Napoleon angeordneten Säkularisierung. Klosterkirche und Teile des Klosters wurden in der Zeit von 1804/05 bis 1807 abgerissen. Die verbliebenen Gebäude nutzte das Militär als Offiziersunterkünfte. Auch nach dem zweiten Weltkrieg blieb das Gebäude in französischer Hand. Jedoch zogen sich die französischen Besatzungsmächte in den 50er und 60er Jahren dort nach und nach zurück. Als Trierer Bürger 1972 an dieser Stelle das Jugendzentrum „Exzellenzhaus“ gründeten, zog dort wieder neues Leben ein.
Viele Frage beschäftigen die Archäologen
Den Leiter der Archäologischen Denkmalpflege beschäftigen nun viele Fragen: „Wir haben nur rudimentäre Kenntnisse über das, was hier einst mal war“, sagt Joachim Hupe und fragt sich: Welchen Charakter hatte der einstige Gutshof, auf dessen Reste die Abtei erbaut wurde? Wie hat die Siedlungsabfolge vor der Ansiedlung der Abtei ausgesehen? Und welche baulichen Veränderungen hat es in den 1400 Jahren der Abtei gegeben? „Das Einzige, was uns bislang vorliegt, ist ein summarischer Plan aus der Zeit kurz vor dem Abriss, der mit der Abteikirche, dem Kreuzgang und den Nebenanlagen den Bestand der einstigen Abtei dokumentiert.“
Dass man bei den Grabungen auch auf Funde aus der jüngeren Bronzezeit stößt, wollen die Archäologen nicht ausschließen. „Das Trierer Tal war in der Zeit von 1100 – 700 v.Chr. schon dicht besiedelt. Allerdings sind diese Zeitzeugnisse durch die massive Überprägung oft nur noch in Rudimenten erhalten“, weiß Joachim Hupe. Bleibt die Frage, ob aus der Zeit der Abtei auch mit menschlichen Überresten gerechnet werden muss. „Das kann durchaus sein“, sagt Michael Reinert. Er weiß, dass die Menschen ihre Verstorbenen damals in Friedgärten bestattet haben. Sollte man Knochen oder sogar vollständige Skelette finden, werden auch die wissenschaftlich untersucht und pietätvoll geborgen.
Übrigens habe man 2015 unweit des Nordbads beim Bau des neuen Wohnquartiers "Castel Feuvrier" an der Zurmaiener Straße, etwa 250 – 300 Meter Luftlinie entfernt, etwa 30 Gräber gefunden, die aufgrund von Grabbeigaben dem 3. bis 4. Jahrhundert nach Christi zugeordnet werden konnten. Die dort Bestatteten hatten zweifelsohne zur Familie und deren Hausgemeinschaft gehört, die auf dem römischen Gutshof im Bereich des Nordbades ansässig war. Was auch immer die Archäologen in den kommenden drei Monaten zutage fördern werden – für Joachim Hupe ist das “ein hochinteressanter Fundplatz, der in der Vergangenheit nicht die Beachtung erfahren hat, die er eigentlich verdient gehabt hätte."